12 August, 2006

Samen

Ich habe eben vor dem Supermarkt einen Mann beobachtet, der in ein (städtisches) Blumenbeet stieg, um die Samen einer langstieligen Zierblume an sich zu nehmen. Er legte sie mit Sorgfalt in ein mitgebrachtes Briefkuvert; offenbar wusste er, was er tat. Der Vergleich mag blumig sein, aber ich musste ans Kino denken; die vielen Ideen, die wir mitnehmen, ein Satz hier, eine Geste dort --- im besten Falle blühen die Fundstücke in einem neuen Kontext auf. In Akira Kurosawas YOJIMBO läuft ein Hund aus dem Haus, der sich eine (menschliche) Hand geschnappt hat. In David Lynchs WILD AT HEART gibt es die gleiche Szene, aber das ist in meinen Augen weder Zitat noch Plagiat, geschweige denn eine 'Hommage'. Nennen wir es besser: Verkehr der Ideen. Apichatpong Weerasethakul spricht in einem Interview von seiner Praxis, die selben Figuren (gespielt von den selben Personen) quer durch seine Filme auftreten zu lassen. Eine reizvolle Idee, auch weil die Dimension der Zeit für die Zuschauer so eine andere Tiefe bekommt, sofern er die früheren Auftritte kennt. Das ist vermutlich auch der Schlüssel zu dem Phänomen der Stars: Dass wir Zuschauer eine intime Vergangenheit mit diesen Gesichtern haben, sie schon einmal verliebt, verzweifelt oder böse gesehen haben. Wir haben mal was mit ihnen gehabt... Die seltsame Dialektik, die sich in Gang setzt, wenn uns Henry Fonda, Mann der Unschuld, in ONCE UPON A TIME IN THE WEST als Bösewicht begegnet.

1 Kommentar:

  1. ...oder Yves Montand ("Z") als sehr böser CIA-Agent in diesem anderen Costa-Gavras-Film, der in Uruguay spielt. Es gibt darin die Szene, wie er aus dem Flugzeug tritt, genauso, wie als großartiger Friedenskämpfer in "Z". Eine Überschneidung des Bösen und Guten, filmversetzt.

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