11 Januar, 2010

Eric Rohmer:

„Ich nutze die Gelegenheit, ein seltsames Vorurteil zu widerlegen, demzufolge alle Filmemacher angeblich nur eine kurze Schaffensphase haben: Ihre Tage zu zählen ist eine Übung, die nahezu allen meiner Kollegen offenbar äußerstes Vergnügen bereitet. Bei welchem Meister des Films hat man nicht den Niedergang herbeireden wollen? Von Gance bis Renoir, von Clair bis Ford, von Lang bis Hitchcock... Ich für meinen Teil räume stets eher dem Menschen als dem Werk Kredit ein, und ich füge mich nur mit Widerstreben, wenn es denn sein muß, in das Unabwendbare. Kurz, ich bin für die Alten. Nicht, weil mir das Alter imponiert, sondern weil es schwer nachvollziehbar ist, dass man aus einmal erreichter Höhe so tief fallen soll - vorausgesetzt, man war wirklich so hoch oben. Was den Zufall betrifft, der in dieser Kunst König ist, wie man sagt - ein weiteres Vorurteil -, so halte ich ihn nicht für so einflussreich, dass er einen genialen Filmemacher je daran gehindert hätte - und darin besteht auch der Beweis des Genies -, das zu machen, was er machen wollte, und genau so, wie er es machen wollte.”

Aus einer Kritik von Eric Rohmer (1920 - 2010) zu Howard Hawks' THE BIG SKY, erschienen 1953 in der Dezemberausgabe der Cahiers du cinéma (deutsch von Marcus Seibert). Rohmer hat zwischen 1950 und 2007 mehr als 50 Filme gedreht und war darüber hinaus auch als Autor und Kritiker aktiv.

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