01 Juli, 2010

Fritz Kortner:



„Eines Abends während der Vorstellung war ich überrascht, Profe, ebenfalls einen Chorführer, Daneggers großen Solosatz sprechen zu hören, obwohl Danegger mitspielte. Hinterher erklärte mir Danegger, er hätte dem mäßig begabten, etepeteten Profe, der aus vermögendem Hause stammte, jenen Satz für 5 Mark verkauft, das heißt, er, Danegger, schulde ihm 10 Mark, von denen nun 5 Mark als abbezahlt galten. Er würde ihm den Satz noch einmal überlassen und könne dann Profe erneut anpumpen. Profe aber pumpte nichts mehr, sondern schlug vor, jedesmal 3 Mark für den Satz zu bezahlen. So kam es, dass Danegger nie wieder den Satz sprach. Schließlich bot sich noch ein Satzkäufer an, dem Danegger seine übrigen Sätze verkaufte. Mir bot Profe für meinen großen Satz, mit dem ich die Aufmerksamkeit Wegeners erweckt hatte, 5 Mark für jede Vorstellung. Nach schwerem Ringen und unter großem wirtschaftlichen Druck und bei fortschreitender Verkommenheit ging ich auf den Handel ein. Schließlich verkaufte ich - gleich Danegger - alle meine Sätze. Eine Zeitlang machten Danegger und ich noch im Chor mit. Dann aber kamen wir nur noch vor Beginn der Vorstellung in die Garderobe, tätigten den Sätzeverkauf, trieben die Preise hoch und zogen ab. Es war das einzige Mal in meinem Leben, dass ich mich als Unternehmer betätigte. Erst nach einer ganzen Weile kam man uns drauf. Reinhardt war außerstande, sein Amüsement zu verbergen. Wir kamen mit einer milden Strafe davon, mußten die Sätze aber wieder sprechen.”

Kortner, Fritz: „Aller Tage Abend”, München, 1959, S.152-153.

Siehe auch Syberberg: Kortner probt ... .

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